“Höchstens symbolischer Akt”

Erste geplante Fahrradstraße in Einbeck hat Verbesserungspotenzial

von Valentin und Lotte

Am Samstag, den 26. November 2022, fand mit gut ein Dutzend Teilnehmenden die allmonatliche Fahrrad-Demo durch Einbeck statt. Neben der gewohnten Route über Grimsehlstraße und Altendorfer Tor führte die Demo diesmal zusätzlich durch das Ostertor und den Neuen Markt. Wie in der Ratssitzung des Bauausschusses am vergangenen Dienstag angekündigt, sollen diese Straßen zeitnah zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden.

Bei der Zwischenkundgebung am Neuen Markt Ecke Hohe Münsterstraße lobte ein Teilnehmer zwar, dass eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Nahmobilitätskonzepts nun endlich erste Maßnahmen ergriffen werden, kritisierte jedoch die Zurückhaltung, mit der dies geschehe. Die Fahrradstraße soll nämlich ohne Einschränkungen für den Kfz-Verkehr umgesetzt werden, nicht einmal Parkplätze sollen dafür weichen. Damit entspricht die Maßnahme nicht mehr der eigentlichen verkehrsrechtlichen Definition einer Fahrradstraße, und auch an der aktuellen Gefahrenlage für Radfahrende speziell an der Ecke Neuer Markt / Hohe Münsterstraße wird sich aller Vorraussicht nacht nichts ändern. Die Umwidmung zur “Fahrradstraße” in der geplanten Form wird sich höchstens als symbolischer Akt und dezenter Hinweis auf Rücksichtnahme niederschlagen.

Alle, die regelmäßig mit dem Fahrrad unterwegs sind, wissen, was es bedeutet auf die Rücksichtnahme von Autos angewiesen zu sein: Überholvorgänge mit weniger als einem Meter Abstand sind keine Seltenheit. Die Kampagne „Einbeck nimmt Rücksicht“ versucht vergeblich mit Schildern auf die Einhaltung des gesetzlichen Sicherheitsabstandes von 1,50m hinzuwirken. Dabei zeigen zahlreiche Studien, nicht die Appelle an Rücksichtnahme, sondern konkrete bauliche Maßnahmen schaffen die nötige Verkehrssicherheit. Für eine sichere Fahrradinfrastruktur braucht es mehr autofreie Fläche.

Am Beispiel des Ostertor / Neuer Markt bedeutet das mindestens das Streichen der Parkplätze im Kurvenbereich Ecke Hohe Münsterstraße, da hier Fahrradfahrende, die in Richtung Rathaus unterwegs sind für entgegenkommende Autofahrer erst sehr spät zu sehen sind. Auch die Sperrung oder Teilsperrung für den Autoverkehr ist machbar, schließlich ist der Möncheplatz über drei weitere Straßen erreichbar. Realisiert durch einen Poller oder eine Schranke muss dabei kontrolliert werden, dass die Sperrung auch eingehalten wird. Erst mit solchen Maßnahmen verdient eine Straße den Begriff „Fahrradstraße“.

Zur Abschlusskundgebung der Fahrrad-Demo auf dem Möncheplatz wurde erneut die Bauausschusssitzung aufgegriffen: „Mit den aktuellen Entwicklungen zeigt sich erneut deutlich, dass die Stadt das Nahmobilitätskonzept nicht als einen elementaren Faktor einer sozial gerechten Gestaltung des öffentlichen Raums verstanden hat. Stattdessen behandelt sie das Thema als Nebensache, welche hinter anderen prestigeträchtigen Projekten, wie dem Bau neuer Einkaufszentren, Hotels oder umweltpolitisch enorm fragwürdiger Neubaugebiete, zurückstehen muss“, kritisierte Lotte Herzberg die aktuelle Stadtpolitik.

Nach der Fahrrad-Demo trafen sich einige Aktive zur Vernetzung und weiteren Planung. Die kostenlose Ausleihplattform “Bolle” für Lastenräder in Einbeck (www.lastenrad-einbeck.de) wird vorraussichtlich weiter wachsen, sodass sich mehr Menschen an der Nutzung von Lastenrädern und erfreuen können. Das Angebot soll in den kommenden Monaten um sogenannte Inklusions-Räder erweitert werden. Diese Räder sind dazu gedacht, zusammen mit mobilitätseingeschränkten Menschen auf einem Fahrrad unterwegs sein zu können. Denkbar sind hierbei auch Ausflüge mit Menschen in Alten- oder Pflegestätten. Auf https://einbeck.endlichverkehrswende.de gibt es zu allem weitere Informationen.

Die Verkehrswende-Initiative ist ein offener Zusammenschluss und freut sich über weitere Mitstreiter*innen. Auch Menschen aus den umliegenden Ortschaften sind eingeladen, für eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur mit einzustehen. Aufgrund der frühzeitigen Dunkelheit sind die Fahrrad-Demos in den kommenden Monaten auf den letzten Samstag im Monat verlegt, Start ist jeweils um 11 Uhr an der Jungen Linde im Hubeweg. Nächster Termin ist somit Silvester.

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